Früher nahmen die Menschen ein Schiff, wenn sie weit reisen wollten. Dann kam der zivile Luftverkehr und verdrängte zunehmend die Personenschifffahrt. Schiffe waren nur noch gut, Waren zu befördern. Die Menschen waren zu ungeduldig, um weite Schiffreisen zu unternehmen. Zudem wurden die Fahrten zu See im Zuge der Verbillligung der Flugtickets im Vergleich immer teuerer.
Dann kam die Kreuzschifffahrt und es entwickelte sich eine besondere Sparte des Tourismus, bei der der Weg selbst das Ziel ist. Die Fahrt an sich sollte ein Urlaubserlebnis werden, garniert mit Landgängen, die dem Sightseeing dienen.
Den Erfolg dieses Konzeptes habe ich nie verstanden. Vielleicht beruht er mitunter darauf, dass Kreuzschifffahrten vor einigen Jahren nur von betuchtem Klientel gebucht wurden. Denn ein Luxus-Schiff zu bauen und zu erhalten kostet enorm viel Geld.
Die Preisanpassungen, die einer breiteren Bevölkerungsmasse erlaubt, sich auch mit schmalerem Geldbeutel auf die Reise zu begeben, hatten ihrerseits ihren Preis: Die Schiffe wurden immer größer und es wurden immer mehr Menschen auf engstem Schiffdeck gedrängt, um kostendeckend fahren zu können.
Des weiteren hat die Kreuzschifffahrt nichts unternommen, um das Reisen auch umweltbewusster zu machen. Während Autofahrer, die nicht das neueste Saubermodell eines Diesels betreiben, gesetzlich an den Rand des Wahnsinns getrieben werden, verbrennen Kreuzfahrtschiffe heute noch vor allem den extrem schwefelhaltigen und giftigen Schiffsdiesel.
Hamburg hat ein Abgasproblem. Also sperrt man die Autos aus der Innenstadt. Dabei sind es vornehmlich die Dieselabgase der Schiffe im Hamburger Hafen, die den Dreck ausmachen. Dabei wäre es relativ einfach, schon vor Jahrzehnten Schiffe umweltfreundlicher zu machen. Die Wasserstoff-Technologie, die für Autos noch nicht reif ist, weil sie einfach zu viel Platz einnimmt, hätte schon vor zwanzig Jahren in Schiffen eingesetzt werden können.
Den Kreuzfahrtbetreibern ging und geht es aber nicht um Umweltverträglichkeit. Es geht Ihnen auch nicht um Kulturverträglichkeit, wenn ihre Schiffe tausende von Touristen nach Venedig spülen und den Venizianern die Luft zum Atmen nehmen.
Es geht den Kreuzfahrtbetreibern auch nicht um Sicherheit. Ich habe selbst eine Übung auf einem solchen Schiff erlebt. Tatsächlich hat die Übung nur eines gezeigt. Wenn die Übung ein Ernstfall wäre, könnten niemals 2.000 Menschen in kürzester Zeit evakuiert werden. Das Risiko, auf einer Schiffreise zu sterben ist deutlich höher als in einem Flugzeug.
Vor allem aber geht jeder Passagier ein erhebliches Ansteckungs-Risiko ein. Hunderte von Menschen, die alle gleichzeitig essen gehen, sorgen für ausgedehnte Hotspots über das ganze Schiff. Die Risiken waren auch schon vor Corona immens. Zumindest leichte Infektionen sind der Standard, aber wenn sich ein Fahrzeug zur Ausbreitung einer Seuche wirklich gut eignet, dann ist es ein total überfülltes Schiff.
Nun, inmitten von Korona, weint die Gesellschaft um die armen Reedereien, die ihre Schiffe nun im Hafen lassen müssen. Schaffen die das Finanziell? Gehen die nicht irgendwann pleite? Ich frage mich inzwischen, ob wirklich jeder ökologische Unfug, der ein paar Arbeitsplätze abwirft, allein deswegen am Leben gehalten werde muss.
Ein weiteres Risiko ist die massive Gewichtszunahme der Touristen auf den Schiffen. Das ist genau genommen gar kein Risiko, weil es fast immer eintritt. Auf dem Schiff ist der Bewegungsspielraum eben nur sehr begrenzt, und das einzige, womit man sich den ganzen Tag die Zeit vertreiben kann, ist essen und trinken.
Ich liebe Schiffe und ich liebe Seereisen, aber diese Kreuzfahrten, die ich zumindest einmal selbst mitgemacht habe, um mitreden zu können, halte ich, zumindest in dieser Form, für völlig verzichtbar. Dabei bieten sowohl Corona als auch Umweltkrise Chancen für die Branche. Mit Wasserstofftechnologie könnte ein Schiff weitgehend Umweltneutral betrieben werden und eine Reduzierung der Gästezahl würde nicht nur das Infektionsrisiko mindern, sondern aus der Fahrt ein einzigartiges und exklusives Reiseerlebnis vermitteln, dass man sich vielleicht ein- oder zweimal im Leben, aber nicht ein- oder zweimal pro Jahr gönnen muss.
Dann könnte das Schiff auch wieder eine sinn- und lustvolle Alternative zum Fliegen werden.